Galaxien in Coma Berenices

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    • Galaxien in Coma Berenices

      ACHTUNG VIEL TEXT!

      Die Nacht vom 24. zum 25.5. verspricht wolkenlos zu werden. Der zunehmende, tief stehende Mond wird auch nicht stören.

      Mein MGEN-Autoguider hat leider vor ein paar Tagen aufgegeben :( . Durch ein paar mails mit Lajos habe ich festgestellt, daß es erst mal nur die Sicherung im MGEN ist. Ich hoffe, das er, wenn ich diese habe und eingebaut habe, wieder geht. Ohne Autoguider macht fotografieren aber keinen Spaß, also werde ich mal wieder nur visuell unterwegs sein.

      Inspiriert vom Artikel "100 Quadratgrad Himmel" in interstellarum 81 will ich heute auf Galaxienjagd gehen. Bisher war mein Erfolg bei der Galaxiensichtung unter hellem Stadthimmel eher bescheiden. Hoch motiviert baue ich gegen 20 Uhr alles auf. Es ist ja noch schön hell. Und auch sehr warm. Draußen noch wärmer als drinnen. Also bleibt das SC erst mal noch im kühleren Haus. Gegen 22 Uhr klemme ich dann mein Teleskop auf die Montierung. Oben drauf noch der ED80. Er soll mir den nötigen Überblick verschaffen. Eine halbe Stunde später will ich ungeduldig nun endlich anfangen. Polaris funzelt mich an. Den einen hellen Stern, den ich für das Alignement der Montierung bei einem Warmstart brauche, sehe ich auch schon deutlich: Denebula im Löwen. Also los gehts: Kontrolle - alle Klemmungen schön fest? Ja. Montierung an. Goto bright star: Denebula. Die Motoren schnurren los. Da plötzlich schlägt das ganze Teleskop nach unten :fkdjfkjfd ! Mann, was ist das denn! Ich starre auf das Gerät: Unmöglich! Sowas darf doch nicht passieren! Erst mal Strom aus. Scheint so, als waren die Klemmungen doch nicht richtig fest gewesen. Bei der Losmandy sind es Rutschkupplungen. Eigentlich sehr schön: etwas lösen und man kann mit der Hand das Teleskop vorsichtig bewegen. Ich muß die Klemmungen aber mächtig anziehen. Ich kontrolliere das: nein, die sind bombenfest. Das hätte halten müssen. Da fällt mein Blick auf die Gegengewichtsstange: leer!!! Ach du Sch...! Was hab ich denn da gemacht: die Gegengewichte glatt vergessen! Oh Mann, peinlich :oops: . Das konnte dann ja nicht halten. In der Grundstellung passiert ja erst mal nichts, beim Schwenk gen Westen schaffts die Rutschkupplung aber nicht mehr. Ein Teil der Aufnahmeplatte ist natürlich gegen den RA-Motor geknallt. Vorsichtig bewege ich das Teleskop per Hand wieder in die Grundstellung, baue die Gegengewicht an. Nochmals Kontrolle - alles bestens: genauso wie vorhin! Montierung an. Ob wohl was kaputt gegangen ist? Äußerlich sehe ich nichts - gut, es ist ja auch inzwischen fast dunkel. Der RA-Motor scheint ein ganz klein wenig zu wackeln. Die ersten vorsichtigen Motorbewegungen: alles scheint zu funktionieren. Nur der RA-Motor bzw. sein Getriebe klingen bei schnellen Schwenks etwas komisch. Das muß ich mir bei Tag in Ruhe ansehen.

      Nun aber endlich beobachtet:
      Wie der Zeitungsartikel auch beginne ich mit dem offenen Sternhaufen Melotte 111. Per goto erst mal zu Vindemiatrix (Jungfrau). Da ich nun mal goto-verwöhnt bin, sind meine Kenntnisse im Star-Hopping eher bescheiden. Ich versuche es dennoch per Hand von Vindemiatrix zu Melotte 111 zu gelangen. Das Gesichtsfeld im ED80 ist mit dem TS WA 32 riesig. Dennoch fehlt mir das Gefühl für die Proportionen. Mein kleiner Pocket Sky Atlas, den ich draußen benutze, hilft mir hier nicht weiter. Ich schwenke auf gut Glück etwas in die Richtung, in der Melotte 111 sein soll. Aber ich weiß ja noch nicht mal, wie Melotte im Okular sich größenmäßig darstellt. Er soll ja immerhin 5° groß sein. Nach 10 Minuten gebe ich auf. Dann eben auf die Weicheierart: Per goto auf NGC 4494. Diese Galaxie ist innerhalb von Melotte. Ich schaue durchs Okular des ED: Wow! Ja, das ist er! Also die Galaxie sehe ich natürlich nicht, aber den offenen Sternhaufen erkenne ich sofort. Er geht gerade so ins Gesichtsfeld. Hell und deutlich leuchtend sehe ich etwa 15 Sterne des Haufens. Ich versuche mich zu orientieren und meinen Blick durchs Okular mit der Detailkarte aus interstellarum abzugleichen. Nach einer Weile stelle ich fest, daß mein Teleskopblick zur Karte gespiegelt ist. Das hatte ich doch bisher nicht? Ach ja! Durch den ED habe ich ja noch gar nicht beobachtet. Muß wohl so sein: Refraktor + Zenitspiegel = gespiegeltes Bild. Na gut. Ich vergleiche die Orientierung mit dem SC: Vorsichtige Schwenkbewegungen und häufige Vergleiche: hier ist das Bild genauso gespiegelt. Also SC (mit 2 inneren Spiegeln) + Zenitspiegel = auch gespiegeltes Bild. Ich sollte mich mal mit den Gesetzen der Optik beschäftigen :| .
      Also weiter: Am auffälligsten ist eine dreieckige Sternenkonstellation, deren einer Eckpunkt ein Doppelstern ist: 17 Com. 145" auseinander. Diesen sehe ich mir im SC erst mit 200-facher und dann mit 300-facher Vergrößerung an. Schön!
      Jetzt will ich NGC 4565 finden. Voriges Frühjahr (noch mit anderem Teleskop) war die Suche erfolglos. Heute will ich es wissen! Vorsichtig hangele ich mit ostwärts. Immer schön die Abstände der auffälligen Sterngruppierungen im Auge behalten. Ich lege mir meine schöne blickdichte Decke über den Kopf. Jetzt sollte ich NGC 4565 zentriert haben. Die Ausrichtung von ED80 und SC weichen leider etwas voneinander ab. Leider kann ich das nicht ändern (feste Rohrschellen für die Stabilität). Ich schaue immer abwechselnd durch beide Instrumente und suche. Im SC vergrößere ich erst mal auf 200-fach. NGC 4565 ist eine Galaxie in Kantenlage. Es soll laut Artikel im 8" eine große helle, sehr lange Lichtnadel sichtbar sein. Ich suche zwar mit 10" (meinen die von der Zeitung nun ein 8" Reflektor oder einen 8" Refraktor?) aber unter eher mäßigen Lichtbedingungen. Und voriges Jahr habe ich mit dem 10" Newton nichts gesehen. Doch da! Ha, ich habe sie :Bingo:FF ! Erst mal entdeckt, ist sie wirklich einfach zu sehen. Ich freu mich über einen blassen langen dünnen grauen Strich im Okular. Jetzt kann ich auch auf 300-fach vergrößern. Bei 500-fach ist es zu dunkel. Ich versuche also Details bei 300-fach zu erkennen: An den Enden zugespitz in der Mitte deutlich heller. Sehr schön, ich bin begeistert :mrgreen: ! Ich verweile eine viertel Stunde hier. Andere sehen das Staubband in der Galaxie. Also ich beim besten Willen nicht. Mein indirektes Sehen klappt zwar ziemlich gut, aber das Staubband erkenne ich nicht. Na, macht nichts.
      Ich schwenke wieder etwa westwärts und versuche die kleine Galaxie NGC 4494 zu finden: Ha, da ist sie ja! Kleiner sollte sie aber wirklich nicht sein. Aber als verwaschenes Scheibchen deutlich von einem Stern zu unterscheiden.
      Nun geht es nordwärts zu weiteren Galaxien. Angestachelt von meinem bisherigen Erfolg versuche ich es wieder per Star-Hopping. Ich komme bis an den nördlichen Rand vom Melotte 111. Aber von da an verliere ich die Orientierung. Bin ich schon zu weit nördlich oder noch nicht weit genug? Ich suche die Galaxien. Die sollen ja hier massenhaft sein. Ich finde nichts. Also gut: wieder Weicheier-Methode: per goto zu NGC 4278. Bei 200-fach finde ich die Galaxie im SC fast sofort. Von 3 relativ dicht beieinanderstehenden Galaxien ist dies die hellste (10.2m). Sie erscheint mir kreisrund als schwaches Fleckchen ohne jede Details. Auch die Nachbargalaxie NGC 4283 glaube ich zu erkennen. Sie ist aber nur 12m hell. Sicher bin ich mir nicht. Ich versuche mich an NGC 4286 (14.5m). Manuelles und selbst goto hierhin helfen nicht. Ich kann sie nicht finden. Na, macht nichts. Man soll aber immer mit einem Erfolg aufhören: Ich suche noch NGC 4274. Diese Galaxie sollte 10.3m hell sein. Hier verhilft mir immerhin mein goto zum Erfolg: Zwar auch nur wieder ein schwaches graues Fleckchen aber immerhin. Ich freue mich trotzdem immer wieder!

      Inzwischen ist es 1 Uhr. Morgen früh muß ich ja arbeiten. Und zum Zahnarzt. Also zusammenpacken. Das geht zum Glück innerhalb von 15min und ohne weiter Unfälle.
      Jetzt hoffe ich nur, daß meinem RA-Motor nichts allzu schlimmes passiert ist :autsche; !

      CS
      Andreas
      CS Andreas
    • Re: Galaxien in Coma Berenices

      Hallo Andreas
      sehr schöner Bericht,sowas lese ich immer wieder gerne. :D
      Jo,das mit den Gegengewichten,oder anderes,kann man schon mal vergessen,kann man nur hoffen das nichts kaputt gegangen ist.
      Gestern Abend ist mir das LV22 Okular heruntergefallen,das ich zwischen der Gabel abgelegt habe,und ist dabei auf den Holzboden geknallt,hats aber überstanden k4o4i4

      Grüße
      Manfred