Zu Besuch bei den Stapelholmer Sternenkiekern - Ein Reisebericht

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    • Zu Besuch bei den Stapelholmer Sternenkiekern - Ein Reisebericht

      Hallo Balkonauten, ich möchte Euch von meinem diesjährigen Urlaub berichten.

      Im Mai diesen Jahres kontaktierte uns (meine Frau ist bei sowas immer mit dabei) ein bekanntes Ehepaar aus Rastatt. Sie hatten in Schleswig Holstein Urlaub gemacht und waren bei Süderstapel auf ein
      merkwürdiges Hinweisschild gestoßen. Darauf stand: Sternenkiek.
      Was sie vorfanden war eine gut ausgestattete Beobachtungsplattform mit einem Hinweis auf sternen.landschaft-stapelholm.de/.
      Damit war ihnen klar: das muss Gerd erfahren!
      Ich bin mit dieser Info sofort ins Netz gegangen und nach einer Stunde war der Urlaub vom 3.-13.September gebucht im - haus-village.de/.
      Eine sehr schöne, gemütliche Unterkunft und genau richtig für zwei Personen!
      Anschließend nahm ich Kontakt auf zu David Resch und Beate Oder von den Stapelholmer Sternenkiekern, die es gar nicht glauben konnten das jemand aus Nordrhein Westfalen extra für die Sterne zu Ihnen kommen wollte.

      Da sich der Sommer in diesem Jahr in seiner mitteleuropäischen Normalform zeigte, war ich guter Dinge mich auf ein paar schöne Spätsommertage freuen zu können.


      Wir kamen Freitags gegen 17:00 an.
      Da wir nicht durch den Elbtunnel wollten, nahmen wir die Fähre nach Glückstadt. Kann ich nur jedem empfehlen!
      Der Himmel war klar und so beschloss ich gegen 22:00 Uhr mal vor die Tür zu gehen und einen Blick nach oben zu wagen.
      Was soll ich sagen?! Ich bin fast rückwärts ins Gras gekippt!
      Sowas habe ich noch nicht gesehen. Vielleicht auf la Palma.
      Die Milchstraße war glasklar zu sehen und das mitten aus dem Dorf heraus!!
      Der kleine Wagen war vollständig zu sehen und alle Sterne funkelten vor einem richtig schwarzen Hintergrund.
      Ich muss wohl 45min. so dagestanden sein, als meine Frau mich fragte ob ich die Nacht vielleicht gleich draußen verbringen möchte.
      Der Blick auf die Wetterkarten gab meiner Vermutung recht und somit war klar wo ich die kommenden Nächte verbringen würde.


      Am nächsten Nachmittag hatten wir uns mit David und Beate zum Kaffee verabredet um sich mal kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen.
      Sie haben zusammen mit weiteren Sternbegeisterten einige Beobachtungsstellen ausgekundschaftet und den Sternenkiek mit Fördergeldern sehr beobachtungs- tauglich hergerichtet. Es lohnt sich auf die Homepage zu gehen, deshalb hier nochmal der Link: sternen.landschaft-stapelholm.de/


      Samstagabend trafen wir uns dann bei klarem Himmel am Sternenkiek.


      Ein Wort zu meinem Setup, das ich mit in den Urlaub genommen habe:
      Skywatcher Newton 200/1000, EQ6-R Pro/SynScan GoTo, MGEN3 an einem TS-Optics Leitrohr - Guiding Scope 80/600 ,
      Canon 1200D und Canon 60Da mit Astronomic CLS CCD EOS Clipfilter, Baader MPCC Mark3 Multi Purpose Newton Coma Correktor, zwei Heizmanschetten für Kamera und Leitrohr.
      Die Stromversorgung stelle ich mit einer 45Ah Autobatterie und einigen Eigenbau- Spannungswandlern (5, 6, 7, 9V) sicher.
      Das ich den Spiegel vor jedem Einsatz justiere erwähne ich nur der Vollständigkeit halber.
      Die Deep Sky Aufnahmen wurden alle mit der Canon 60Da, einer Belichtungszeit von 10 min, bei ISO 1000 und Blende 4,5 per Fernauslöser gemacht.
      Gestackt wurde mit dem DeepSkyStacker.
      Histogramm und Ebenenglättung mit Fitswork.
      Schwarzwert, Farbabgleich und Schärfung mit Gimp.
      Größe, Helligkeit und Kontrast mit Microsoft Picture Manager.
      Die Serien- und Strichspuraufnahme wurde mit der Canon 1200D, einer Belichtungszeit von 15s bei ISO1600 auf einem Fotostativ ebenfalls mit einem Fernauslöser gemacht.


      So starteten wir in die Samstagnacht zusammen mit einigen zufälligen Besuchern denen ich dann erstmal zeigen durfte wie Jupiter, Saturn, h&chi und Albiero tatsächlich aussehen.
      Dann begann ich mit den ersten sehr vielversprechenden Probeaufnahmen und stellte fest: - DER AKKU IST FAST LEER!!!!
      Fazit: gute Vorbereitung ist alles und versuche beim nächsten Mal die Emotionen unter Kontrolle zu kriegen!!
      Trotzdem war es eine gute Nacht und wir waren bis 0:00 Uhr draußen unter einem dunklen glasklaren Himmel der keine Wünsche übrig ließ.
      Natürlich erkennt man am Horizont die Lichtkegel von Schleswig, Rendsburg, Heide und Husum, aber in einem erträglichen Maße.
      Jemandem der am Nordrand des Ruhrgebiets wohnt, fallen die erst nach Hinweis darauf auf.
      Ich konnte jedenfalls zum ersten Mal das Sternbild Wassermann komplett erkennen. Das sagt alles.


      Am Sonntagabend ging es wieder zum Sternenkiek.
      Diesmal mit komplett aufgeladenem Akku! Zum Glück hatte ich das Ladegerät nicht vergessen.
      Wieder ein klarer Himmel und diesmal war ein weiterer Sternenkieker mit einem beindruckenden selbstgebauten Dobson dabei. Es ist schön wenn man sich die Nacht mit gleichgesinnten um die Ohren hauen kann.
      Ich versuchte eine Strichspuraufnahme durch den vor Ort aufgestellten Polfinder, mit der ich letzten Endes aber nicht zufrieden war.

      Durch den Newton machte ich Aufnahmen von M27 die mich schon in ihrer Rohfassung umhauten.
      Gegen 23:30 kam plötzlich ein Auto mit voller Beleuchtung angefahren. Zum Glück schirmten die aufgestellten Sichtschutzwände das Gröbste ab.
      Der Wagen stoppte, -Licht aus. Ausstieg: - die Polizei!! Mit Taschenlampen!!
      So platzte es aus mir in perfektem Ruhrdeutsch heraus: hömma, mach dat vadammte Licht aus! Die Antwort war: Moin, Polizei. Wat macht Ihr'n hier?
      Sie kämen hier immer mal vorbei weil die Aussicht so perfekt wäre und um nach dem Rechten zu sehen. Gut zu wissen!
      Um 1:00 beendeten wir die Nacht da sich zuviel Feuchtigkeit auf den Geräten bildete.


      Montag ging nichts, da den ganzen Tag Wolken durchzogen. Aber Schleswig Holstein bietet ja genug Abwechslung für diese Fälle.


      Der Dienstagabend sah dann wieder vielversprechender aus. Das Wolkenpaket war durch und der Himmel klarte zusehends auf.
      Diesmal hatte ich einen anderen Standort gewählt und zwar in der alten Sorgeschleife am Fünfmühlendeich. Es ist ein befestigter Schotterplatz mit guter Parkmöglichkeit und Holzaussichtsturm.
      Dort wollte ich eine Serienaufnahmen der Milchstraße machen und mich an Stephans Quintett versuchen.
      Mit Beginn der Dämmerung begann auch mein Kampf gegen die Mücken!
      Leider liegt der Platz direkt an einer kleinen Straße auf der in dieser Nacht ein Motoradfahrer unbedingt seine Reifen spazierenfahren musste.
      Auch kamen immer mal wieder voll aufgeblendete Autos vorbei.
      Schließlich musste ich die Session abbrechen weil ich auch die Örtlichkeit falsch eingeschätzt hatte. Es ist nunmal ein Feuchtgebiet und das machte an diesem Abend seinem Namen alle Ehre.
      Der Nebel wurde undurchdringlich.


      So ging es Mittwochabend wieder zum Sternenkiek. Nach den Erfahrungen der Vornacht war dies einfach der bessere Ort.
      Um es vorwegzunehmen: Ich bin dann auch dabei geblieben und habe keinen anderen Ort mehr ausprobiert.
      Wieder ein perfekter Himmel. Also machte ich weitere Aufnahmen von M27 und unternahm wieder den Versuch einer Strichspuraufnahme durch den Polfinder, die mir diesmal gelang.
      Dann versuchte ich mich nochmals an Stephans Quintett, musste aber feststellen das es für meine Optik in der Darstellung viel zu klein ist.
      Aber: die Nacht ist jung, also nahm ich ein Objekt aufs Korn das mir schon seit längerem vorschwebt. NGC7380, der Wizard Nebel.
      Wieder waren die Rohaufnahmen vielversprechend, wieder kam Besuch (diesmal ohne Taschenlampen), wieder konnte man ab 1:00 Uhr am Horizont sehen wie die Luftfeuchtigkeit kondensierte.
      Ich beendete die Aufnahmen um 1:30 Uhr.



      Wenn man die Zeit hat zuzusehen wie die Sternbilder langsam auf- und untergehen, die Luft, die Temperatur und die Geräusche sich im Laufe der Nacht verändern
      und wenn man sich die Größe der Sternbilder und der Gruppen die sie bilden bewusst macht, frage ich mich wie einen das nicht packen kann.


      Den ganzen Donnerstag über herrschte traumhaftes Strandwetter und so machte ich in dieser Nacht weitere Aufnahmen von NGC7380 und eine weitere Serienaufnahme der Milchstraße.
      Bis nach Mittenacht hatte ich klaren Himmel und gutes Seeing durch das abziehende Hoch- und das nahende Tiefdruckgebiet.
      Da im September scheinbar die Maisernte beginnt, waren auf den entfernten Feldern die vollbeleuchteten Erntemaschinen unterwegs deren Lichter leider immer wieder mal blendeten.


      Die restlichen Tage bis zu unserer Abreise am Montag den 13.September war es dann durchgehend bewölkt.


      Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle nochmal ausdrücklich bei den Stapelholmer Sternenkiekern für die Unterstützung und die Möglichkeit
      am Sonntagmittag eine kleine Powerpoint Präsentation von meinem Equipment und einigen meiner Aufnahmen zu zeigen.


      Ich kann allen Sternbegeisterten, Sternbeobachtern und Astrofotografen, vor allem in Norddeutschland, wirklich empfehlen sich die Eider- Treene- Sorgeregion um Stapelholm auf den Beobachtungszettel zu notieren,
      solange es noch ein Geheimtip ist!
      Selbstverständlich kann niemand erwarten so ein Glück mit dem Wetter zu haben wie ich es hatte, aber klart der Himmel auf, dann hat es sich auf jeden Fall gelohnt hinzufahren.


      Gerd Wüst


      P.S. Alle fragen jetzt: und wo sind die Bilder??
      Ich hänge sie unten dran.





      M57 8 Aufnahmen, 6 Darkframes





      M27 15 Aufnahmen, 6 Darkframes




      NGC7380 15 Aufnahmen, 6 Darkframes




      Strichspur Polfinder 200 Aufnahmen
    • Hallo Gerd,

      ich habe gerade deinen Beitrag schnell gelesen da ich sehr beschäftigt bin. Toller Beitrag, ich wünschte ich könnte auch mal wieder so einen dunklen Sternenhimmel bewundern.
      Du konntest mit deiner Ausrüstung sehr viel beobachten. Eine kleine Kritik hab ich leider. Du hast die Objekte echt toll im Bild festgehalten aber leider ist wohl bei der Bearbeitung was schief gelaufen.

      Die Strichspuren sind echt gut. Auf dem Bild von M57 find ich die Sterne gut aber M57 ausgebrannt und die Farbe irgendwie seltsam.

      M27 das ist auch leider nicht so dolle. (Sättigung der Farben zu hoch?)


      Ich habe leider auch noch nicht soviel Erfahrungen in der Bilderanbetung und wir alle lernen immer mehr dazu :)

      Danke für den schönen Bericht. -.dgzjk!

      VLG Thomas
    • ThomasNRW schrieb:

      Die Strichspuren sind echt gut. Auf dem Bild von M57 find ich die Sterne gut aber M57 ausgebrannt und die Farbe irgendwie seltsam.
      ja, bei M57 habe ich es wohl mit der Belichtungszeit übertrieben und konnte es dann in der Bildbearbeitung nicht mehr einfangen. Wieder was für die Zukunft gelernt ;)

      Mit M27 bin ich für mich ziemlich zufrieden. Ich konnte noch nie Strukturen im Inneren sichtbar machen.
      Das die Umgebung dadurch einen Rotstich bekommen hat nehme ich in kauf ^^
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