Messier 22 im Juni 2023

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    • Messier 22 im Juni 2023

      Hallo liebe Sternfreunde,

      um es vorweg zu nehmen: Dieses Bild ist erst einmal eine Arbeitskopie. Bin noch nicht sehr zufrieden damit, und es ist noch in Bearbeitung.
      Aufgenommen ist M22 in den beiden Nächten vom 24./25. Juni und 25./26, Juni 2023 vom Balkon in Hennigsdorf.
      150/750 GSO-Newton an ASI294mmPro.
      Aufnahmen in: R: 6x3'; G:5x3'; B: 6x3'; ProPlanet642BP: 7x500" und 10x30"
      Bedingungen waren gut, aber es zogen in beiden Nächten später Wolken durch.
      Bearbeitung: PI,Starnet++,BlurXTerminator,PS.





      Natürlich ist die recht weit südliche Stellung des Haufens (δ=-24°) schwierig gegen den Berliner Stadthimmel aufzunehmen.
      Die Dunkelwolkenstruktur, in die der Haufen eingebettet ist, ist ansatzweise erkennbar, dank der sehr lang belichteten Frames mit dem ProPlanet.
      Farblich muss das aber noch abgeglichen werden.
      Den BluXTerminator habe ich hier zum ersten Mal verwendet. Wie gesagt, es ist eine Arbeitskopie.
      Wirklich sehr zufrieden bin ich mit der Korrektur der unrunden Sternscheibchen.
      Mein Newton hat nur einen reht einfachen Crayford-Auszug. Mit der schweren Kamera incl. Filterrad kommt es u.U. zu Verkippungen im Auszug
      (abhängig von der Stellung der Stundenachse).
      Wenn das, wie bei diesem Bild, nicht zuviel ist, kann man das gut korrigieren.
      Schön auch, dass eine Option "nur korrigieren" verfügbar ist. Im weiteren Schritt kann man sich dann den Sternscheibchen in Schärfe und Halo widmen.
      Das hier ist die Version: "kein Schärfen, Halo ziemlich groß", aber ich probiere das noch weiter.
      Insgesamt bin ich mit BluXTerminator sehr zufrieden.

      Ich wünsche Euch viele schöne klare Nächte

      Micha
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
    • Hallo Michael,

      für mich ist das schon ein sehr gelungenes Bild !

      Da Du Dich aber noch weiter damit beschäftigen wirst bin ich gespannt, was Du noch alles herausholen kannst.

      Ein Punkt interessiert mich bei allen Softwarelösungen zur Datenoptimierung - ist das, was zum Schluß rauskommt auch wirklich das was ich aufgenommen habe oder kommt es zu Verfälschungen der Realität.
      Gibt es dazu Untersuchungen, Testreihen etc. ?
      Alles Gute und klaren Himmel wünscht

      Martin

      Grenzenloses Staunen . . . .
    • Hallo Micha,

      wieder ein sehr gutes Bild von Dir. Prima Sternabbildung - und gut das es "nur korrigieren" gibt. Der Haufen ist in der Mitte gut aufgelöst, was mir sehr gut gefällt.

      Du könntest noch weiter Strecken. Teste mal das GHS Modul (GeneralizedHyperbolicStretch) in PI. Da ist noch viel rauszuholen - habe ich eben mal getestet, dann noch die Farbsättigung hoch, damit es pretty wird.
      Klaren Himmel wünschen

      Antina und Karsten

      astrokarsten.wix.com/farbe-des-universums/

      Astrobin
    • Hallo Martin,

      jetzt habe ich doch einige Zeit gebraucht für die Antwort auf Deine Fragen.

      Die Realität bei unseren Astro-Aufnahmen ist eine seeing- und beugungsbegrenzte Abbildung der Aufnahme, auch andere Abbildungsfehler der Optik
      sowie Nachführfehler. Bleiben wir mal bei den Sternabbildungen.
      Es hat sich herausgestellt, dass die seeingbegrenzten Sternabbildungen sich nur schlecht mit einer Gauss-Verteilung modellieren lässt.
      Im Jahre 1969 hat der kanadische Physiker Anthony Moffat eine Arbeit veröffentlicht, in der er diese Sternabbildungen mit der nach ihm benannten
      Verteilung modelliert hat.
      Bei der Gauss-Verteilung haben wir einen Parameter (Standartabweichung σ, oder Halbwertsbreite FWHM).
      Bei der Moffat-Verteilung gibt es zwei Parameter (α und β). Im α steckt wieder die FWHM.
      Einfach ausgedrückt geht die Moffat-Verteilung für Sternradien < FWHM/2 in die Gaussverteilung über.
      Abhängig vom β-Wert bekommen wir aber eine Verbreiterung der Verteilung im Vergleich zu Gauss für Radien > FWHM/2.
      Durch Variation der beiden Parameter konnte man gut die reale Sternabbildung modellieren.

      Wozu soll das nun gut sein?

      Programme wie PixInsight versuchen anhand vorliegender Astro-Aufnahmen eine sog. PSF (Point Spread Function) zu ermitteln.

      Da wir zwei Parameter haben, müssen die Sternabbildungen auch für zwei Radien gemessen werden, d.h. für FWHM (Halbwert) und

      FWTM (Zehntelwert).

      Wir betrachten unsere Astro-Aufnahme als Ergebnis einer Konvolution (Faltung) einer ideal seeingbegrenzten Aufnahme mit der gemessenen PSF

      unserer Aufnahme.

      Faltung bedeutet mathematisch: Die PSF wird als ungerade Zahlenmatrix über die ideale seingbegrente Aufnahme gelegt (ungerade deshalb, damit diese Matrix einen Mittelpunkt hat). Jeder Matrix-Wert wird mit dem Pixelwert der darunterliegenden Aufnahme multipliziert, am Ende wird alles addiert und zum Schluss so normiert, dass die Bildhelligkeit erhalten bleibt. Das wird mit jedem Bildpunkt gemacht.

      Im Ergebnis sollte dann ein Bild vorliegen, welches unserer Aufnahme entspricht.

      Der Witz ist nun, dass es heutzutage ganz vorzügliche Algorithmen gibt, die eine Rückrechnung (Dekonvolution) unserer Astro-Aufnahme mit Hilfe

      der gemessenen PSF gestatten.

      Wie können wir das anwenden?

      Im BlurXTerminator können wir zwei Parameter (Schärfen der Sterne und Halo) variieren. Die Schärfung wirkt v.a. für Bereiche < FWHM/2,

      die Wahl des Halo-Parameters mehr im Bereich >FWHM/2, ganz entsprechend der beiden Parameter α und β der Moffat-Verteilung.

      Als Ergebnis sollte dann eine Annäherung an eine ideal seeingbegrenzte Aufnahme sein (Seeing-Verbesserung).

      Wie auch überall in unserer Bildbearbeitung, sollte immer behutsam vorgegangen werden. D.h. meine Aufnahmen möchten kein seeing wie in der Atacama-Wüste haben, aber eine gewisse maßvolle Verbesserung ist gut.

      Übrigens ist es grundlegend, dass der BluXTerminator eine ideale Moffat-Verteilung zugrunde legt, und nicht Sternabbildungen von Hubble und co.

      Die sind völlig ungeeignet, weil keine Atmosphäre und deshalb kein seeing. Das ist für uns nicht real.


      Das Zweite ist beim BlurXTerminator, dass er die PSF an vielen Stellen im Bild misst. Dadurch können jetzt Abbildungsfehler der Optik

      (die ja je nach Bildbereich verschieden sind) in Grenzen verringert werden.

      Das Bild von Karsten mit dem Orion ist ein sehr schönes Beispiel.


      Ich möchte zum Schluss nur sagen: Der BlurXTerminator ist Gold wert, wenn wir ihn maßvoll verwenden.


      Nein, einen hab ich noch: Die Anwendung im Modus "nur korrigieren" (der Nachführfehler) bringt trotzdem eine Schärfung der Sterne mit.

      Das hat mir nicht gefallen. auch würde mir beim Regler "Schärfen der Sterne" gefallen, wenn er Werte <0 zulassen könnte (also Verringerung der Schärfe). Vielleicht kommt das ja noch.


      Ich wünsche Dir viele schöne klare Nächte


      Michael
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
    • Hallo Karsten,

      vielen Dank für die Antwort und den Tipp mit dem GHS-Modul.
      Werde ich installieren, weiß bloß noch nicht wann.
      Gestreckt habe ich bis jetzt in PS über den Gradationsregler, und zwar in vielen Durchgängen (etwa 6). Ich finde, hier kann man sehr
      vorsichtig strecken.
      Ich weiß noch nicht, wann ich wieder zur Bildbearbeitung kommen werde.
      Ist nicht viel Zeit im Augenblick.

      Auch Dir viele schöne klare Nächte

      Michael
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
    • Hallo Michael,

      vielen Dank für Deine sehr ausführliche Antwort !

      Wenn ich weiß was eine Software und auch eine KI tut, dann kann ich den Resultaten auch eher vertrauen.
      Das Zauberwort bei alledem ist für mich auf jeden Fall "maßvoll" !
      Das zeichnet in meinen Augen ja auch Deine Bildresultate aus - Du nutzt alles mit gutem Augenmaß.
      Generell etwas, wodurch sich die Resultate hier im Forum auszeichnen.
      Alles Gute und klaren Himmel wünscht

      Martin

      Grenzenloses Staunen . . . .
    • Hallo liebe Sternfreunde,

      es hat etwas gedauert mit der überarbeiteten Fassung von M22.
      Da ging viel Zeit mit dem Orionnebel drauf.
      Die Änderungen habe ich unten zusammengefasst. Es sind sämtlich "leichte" Bearbeitungen.




      Sterne:
      Streckung, Farbsättigung(PI)-hier Blau ein wenig mehr, SCNR(grün,PI), Schärfung
      Hintergrund:
      im Bereich des Kernes: Verringern der Helligkeit
      sonst: Farbbalance, Helligkeit/Kontrast für bessere Darstellung der Dunkelwolken
      Entrauschen(NeatImage)--> hier rechtstark entrauscht. Habe dann auf den Hintergrund Gaussches Rauschen (Radius 0,4) hinzugefügt.
      Gibt dem Hintergrund ein etwas "samtenes" Aussehen.

      Diese Version gefällt mir besser.
      Auch eine Vergrößerung lässt sich schon sehen:





      Zum Kugelsternhaufen M22:

      Messier 22 ist ein schöner großer Kugelsternhaufen im Sternbild Schütze, an der Position J2000.0: RA: 18h36.4m; δ: -23°54,2'

      Was die scheinbare V-Band-Helligkeit betrifft, ist M22 der dritthellste Kuglhaufen am Himmel. Da die beiden hellsten Haufen von
      unseren Breiten aus nicht sichtbar sind ist M22 der hellste von Mitteleuropa aus sichtbare Kugelhaufen.
      Seine Helligkeit beträgt 5,06mag (Baumgardt et al. 2020). Zum Vergleich: M13 bringt es hier auf 5,81mag, ist also 0,75mag schwächer,
      oder als Intensitätsverhältnis ausgedrückt: I(M22) / I(M13) = 2 / 1 . Das hätte ich nicht gedacht!

      M22 ist der erste Kugelsternhaufen, der nachweislich beobachtet worden ist. Und zwar von Johann Abraham Ihle, einem deutschen
      Amateurastronomen, im Jahre 1665, also etwas mehr als 100 Jahre vor Charles Messier.

      Messier 22 ist kein besonders großer Kugelhaufen. Allerdings ist er von allen Kugelhaufen der Viertnächste.
      Dabei hat er mit etwa 155 km /s eine recht hohe Radialgeschwindigkeit auf das Sonnensystem zu.
      In den nächsten paar Millionen Jahren wird sich die Radialgeschwindigkeit aber stetig verringern und die tangentiale Komponente
      wird zunehmen.

      Ich wünsche euch viele schöne klare Nächte

      Michael
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Micha314 ()