Die Große Magellansche Wolke im Oktober 2024

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    • Die Große Magellansche Wolke im Oktober 2024

      Hallo liebe Sternfreunde,

      lange habe ich nichts von mir hören lassen. Jetzt ist es aber an der Zeit für dieses Thema, das mich intensiv beschäftigt hat und das wohl auch in Zukunft.
      Hier ist die arg herunterskalierte Gesamtaufnahme:




      Das Bild ist ein Mosaik zweier Einzelaufnahmen. Die Auflösung des Originalbildes beträgt 20478 x 18339 Px.
      Die Aufnahmen entstanden via remote (Skygems). Aufnahmeort war die Hakosfarm in Namibia.
      Kamera: Moravian C3-61000, Vollformat 9576 x 6388 Px. bei 3,45 µm Pixelgröße
      Takahashi FSQ106 ED auf ASA DDM60Pro
      Für beide Einzelbilder: Aufnahmen in R,G,B,Ha,Oiii
      R,G,B: je 15 x 3'; Ha,Oiii: je 12 x 5'; keine Luminanzframes!
      Aufnahmezeit:
      Östlicher Teil: Nächte vom 29./30. 09, 1./2. 10, 2./3. 10, 4./5. 10. 2024
      Westlicher Teil: Nächte vom 8./9. 10., 9./10. 10., 10./11.10. 2024

      Die Bildbearbeitung erfolgte mit Pi, Ps, Neatimage.

      Die Herunterskalierung des Gesamtbildes oben habe ich etwas auf Kosten der Bildschärfe berechnen lassen. Grobe Verpixelung wird dadurch ja vermieden.
      Andererseits hoffe ich, dass dieses Bild auf Detailaufnahmen neugierig macht. Und die haben es in sich, soviel schon mal am Anfang.
      Letzte Zweifel an Remote-Aufnahmen sind bei mir jedenfalls beseitigt. Ich bin auch irgendwie dankbar, dass ich diese Bilder bearbeiten durfte.
      Ein Spaziergang über das Bild in Originalgröße ist schon toll! Ja, und die Aufnahmen mit der Kleinen Magellanschen Wolke auch schon im Kasten.

      Hier aber noch etwas Astrophysikalisches:
      Die GMW (LMC) ist die viertgrößte Galaxie der lokalen Gruppe, hinter unserer Galaxis, dem Andromedanebel und dem Dreiecksnebel.
      Was die Aktivität der GMW angeht ist sie die Nummer Eins: Sehr intensive Sternentstehungsprozesse, die leuchtenden Emissionsnebel sind riesig.
      Unangefochten ist hier der Tarantelnebel, aber auch viele der DS-Objekte der GMW sind im Vergleich mit unserer Galaxis sehr sehr groß.

      Man hat lange Zeit angenommen, dass die GMW ständige Satellitengalaxie unserer Milchstraße ist. Erst in neuerer Zeit hat sich die Erkenntnis
      durchgesetzt, dass die Wolke ursprünglich aus Richtung Andromedanebel gekommen ist. Bei Annäherung an unsere Galaxis (die Entfernung
      beträgt 163000 Lichtjahre) wurden durch ihren gravitativen Einfluss sehr starke Turbulenzen in der Wolke induziert, die letztlich zu der
      beobachteten Aktivität führten. Heute nimmt man weiter an, dass die GMW in ferner Zukunft mit unserer Galaxis verschmelzen wird.

      Die GMW ist neben den Emissionsgebieten sehr reich an offenen Sternhaufen. Hingegen zählt man heute 30 Kugelsternhaufen, von denen aber
      etliche nicht in Richtung der GMW zu finden sind. Tatsächlich aber wird gegenwärtig die Neubildung von Kugelhaufen aus den zum Teil extrem
      sternreichen offenenHaufen diskutiert.

      Die GMW ist daher ein Forschungsgebiet ersten Ranges. Schließlich fand ja auch der letzte freiäugig sichtbare Supernovaausbruch (SN 1987a)
      in der Wolke statt. Und leider, leider ist sie von unseren Breiten aus nie sichtbar, schlimmer noch: Nicht einmal präzessionsbedingt gelangt sie
      bei uns jemals über den Horizont.

      Bevor ich einige Einzelobjekte der GMW vorstelle, ist hier noch ein Größenvergleich von Emissionsnebel mit bekannten Objekten
      der Milchstraße gegeben. Kaum zu glauben. Den W80-Komplex wollte ich dieses Jahr übrigens noch aufnehmen. Daraus ist leider
      nichts geworden.




      Das Bildfeld der Kamera ist 3,9° horizontasl. Bei 9576px der Kamera beträgt die Auflösung 1,466px/". Die Bearbeitung erfolgte mit
      2xDrizzle. Daher die gewaltigen Pixelmaße des Bildes.
      Die Zusammensetzung des Mosaiks habe ich in Pixinsight gemacht. Seltsamerweise kam bei der Aufeinander-Registrierung der
      beiden Quellbilder beim ersten Lauf mit dem Subframe-Selector ein völlig unbrauchbares Teilbild zustande (kein Kontrast,extrem flau).
      Etwas ratlos habe ich dann mit den selben Einstellungen und den selben Quellbildern einen zweiten Durchlauf gemacht, und dann
      hat es gepasst.

      Hier ist jetzt ein Bild mit einem etwas größeren Bereich, nordwestlich des Tarantelnebels. Das Bild ist auf 60% der Originalgröße
      herunterskaliert.




      Die Fülle der Strukturen ist schon beeindruckend! Einzelne Objekte bringe ich in voller Auflösung. Den letzten Schliff bei der Bildschärfe
      mache ich bei den Detailbildern getrennt. Ich benutze die Hochpassfilterung mit maskierter Ebene in PS, wie in dem Youtube-Video
      von F. Sackenheim beschrieben. Hier der Link:

      Schärfen mit Hochpassfilter


      Das Schöne ist, dass ich absolut genau bestimme, wo und wie stark im Bild eine Schärfung erfolgen soll. Für das Schärfen kommen
      in erster Linie die kontrastreichen Kanten des DS-Objektes in Frage. Wo sowieso nichts scharf ist, wird auch nichts geschärft,
      und man behält das Bildrauschen gut im Griff.

      Hier ist das erste Detailbild in voller Auflösung. Es zeigt die Objekte N198, N200, N202, N205A/B sowie den offenen Haufen SL474 im
      südlichen Bereich der GMW.



      Die Lokalisierung der Objekte:



      Die Bezeichnung der Nebel ("N") geht auf den Henize-Katalog von 1956 zurück. Bei dem offenen Haufen steht "SL" für
      Shapley&Lindsay. Der Katalog ist von 1963.

      Beeindruckend ist wieder die Größe der Objekte. Für N198 (sieht ja wie ein Ohr aus) komme ich auf etwa 390 Lj.!
      Als Anmerkung: Bei der Größenbestimmung der Objekte bin ich immer von einer Entfernung der GMW von 163000Lj., dem derzeit
      plausibelsten Wert ausgegangen.

      Geht man von hier aus ein Stückchen nach nordost, dann gelangen wir zum nächsten großen Nebelkomplex, und der hat es
      im wahsten Sinne des Wortes in sich.



      Henize führt ihn unter der Bezeichnung N206. In west-östlicher Richtung hat er eine Ausdehnung von 900 Lj.
      Hier noch das Bild mit der Kennzeichnung der einzelnen Objekte:



      Im östlichsten Nebelteil ist die ringförmige Struktur des Supernovaüberrests SNR 0532-71.0 zu erkennen.
      Die hellsten Nebelteile werden durch Sterne des offenen Haufens NGC2018 zum Leuchten angeregt.
      Die nebelarme Region in der Mitte stellt eine Superblase dar. Solche Blasen (in diesem Fall Super-) sind Hohlräume innerhalb der
      Emissionsnebel, entstanden durch intensive Sternwinde der OB-Sterne bzw. Supernova-Schockfronten, die diese Bereiche
      praktisch leerfegen.
      Der ganze Komplex ist äußerst reich an jungen OB-Sternen. Man fand darüber hinaus auch eine recht große Zahl an SNR, besonders
      am westlichen Nebelrand, die aber hier i.d.R. zu schwach sind, um in der Abbildung zu erscheinen.
      Ferner hat man zwei Wolf-Rayet-Sterne im Komplex entdeckt. Der eine, mit der Bezeichnung Br40a, ist eigentlich ein Doppelstern.
      Hier umkreisen sich zwei Giganten mit Spektralklassen WN3 und O7 in etwa 32 Tagen. Die Leuchtkräfte beider Sterne sind
      150000 bzw. 250000 Sonnenleuchtkräfte! Der Pfeil zeigt auf das System.
      Schwach ist hier auch der Wolf-Rayet-Nebel zu sehen. Diese Blase hat einen Durchmesser von etwa 75", das sind etwas mehr als
      100px. im Bild.

      Grün gekennzeichnet sind die vielen offenen Sternhaufen in dem Bereich, darunter auch vier NGC-Objekte.

      Es heißt beileibe nicht, das es so große Strukturen für Emissionsnebel in unserer Galaxis nicht gibt.
      Nur stehen sie ja alle in der galaktischen Scheibe. Der reichlich vorhandene Staub lässt leider immer nur den Blick auf
      Teilbereiche zu. Bei der GMW haben wir den glücklichen Fall, dass sie praktisch face-on zu sehen ist und sich dazu noch
      in hohen galaktischen Breiten befindet. Daher sind die Magellanschen Wolken 1a-Forschungsobjekte für die Astronomie,
      weil kaum was trübt.

      Im Augenblick ist bei mir absolute Saure-Gurken-Zeit. Aufnahmenächte praktisch nicht drin. Natürlich - das Wetter
      ist ja nun auch nicht danach. Darüber hinaus habe ich meine EQ5-Montierung zum Wechsel des Fettes eingesandt.
      Daher der breite Raum für Objekte, die nun wirklich nicht von unseren Breiten aus zu sehen sind.
      Und die Beschäftigung mit den Details der Wolke ist einfach wunderbar, das möchte ich gerne teilen.

      Ich wünsche euch viele schöne klare Nächte

      Micha
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.

      Dieser Beitrag wurde bereits 9 mal editiert, zuletzt von Micha314 ()

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