Hallo liebe Sternfreunde,
hier ist das fertige Bild des Pelikannebels.
Es ist die erste Aufnahme, die ich mit dem 350mm-APO auf der EQ5 in Bergfelde machen konnte.
Hier die Daten zum Bild:
Aufn. v. 18./19. August und 15./16. Oktober 2023
ZWO ASI294mmPro an 350mm/f5-APO
Montierung: Skywatcher-EQ5
Guiding: PHD2
Aufn. in R:4x3'; G:5x3'; B:6x3';CLS-CCD: 5x500"; Ha: 8x3' und 5x5'
Bearbeitung: PI,PS,Starnet++,NeatImage
sehr gute Aufnahmebedingungen (seeing!)
Bei den Flats war mir ja ein Maleur passiert. Für diese Aufnahme hatte ich keine Flats. Da ich das Bildfeld (fast) immer so orientiere, dass Norden entw. oben oder rechts ist, konnte
ich zur Not auf Flats späterer Aufnahmen zurückgreifen.
Die Bearbeitung ist zunehmend mit PixInsight erfolgt. Z.B. habe ich hier zum ersten Mal die Spektro-Photometrische-Farbkalibrierung (SPCC) durchgeführt.
Sehr gut hat mir auch das Script "DarkStructureEnhance" gefallen. Es verstärkt den Kontrast dunkler Nebelpartien.
Zuerst aus den RGB und den CLS-CCD ein LRGB erstellt. Leicht gestreckt und dann in Sterne und Hintergrund separiert.
Auf die Sterne den SPCC-Prozess angewandt.
Beim Hintergrund den Rot-Kanal mit dem 5'-Ha-Kanal getauscht und farblich abgeglichen.
Aus den beiden Aufnahmeserien in Ha habe ich ein HDR erstellt. Im Prinzip waren bei den 5'-Aufnahmen nur die hellsten Nebelpartien überbelichtet.
Das HDR habe ich noch in Luminanz rübergelegt.
Die Detailfülle der Aufnahme ist schon sehr beeindruckend. Farblich wollte ich sehr dezent bleiben.
Auch die Verringerung des Rauschens habe ich sehr vorsichtig durchgeführt.
Mit dem Bild bin ich sehr zufrieden.
*
Der Pelikannebel bildet zusammen mit dem Nordamerikanebel einen riesigen Gas/Staub-Komplex, der auch als W80 bezeichnet wird
(nach dem Namensgeber Westerhout 1958). Die Suche nach Sternen, die zur Ionisierung des Gases führt,
geht bis auf Hubble in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Im Jahre 2005 erschien dieser berühmt gewordene Artikel,
den ich hier verlinkt habe: caha.es/newsletter/news05b/Comeron/ngc7000.html
In diesem Artikel des Calar-Alto-Observatoriums zeigen die Autoren Comeron&Pasquali, wie sie den Stern J205551.3+435225
als wesentliche Quelle der Ionisation des Nebelkomplexes identifiziert haben. Ich finde diesen Artikel schon deshalb schön,
weil die Freude darüber so gut zu spüren ist.
Die 2MASS-Bezeichnung des Sternes, die die J2000.0-Koordinatenenthält, macht die Suche nach dem Objekt einfach. Hier ist ein Ausschnitt des großen Bildes mit "Florida", dem "Golf von Mexiko" und en "Bahamas".
Der Pfeil weist auf den Stern (zwischen den Schultern des "Kleinen Orion" - eine nette Konstellation).
Diesem rötlichen 13mag-Stern sieht man wirklich nicht an, dass es sich hier um einen O5V-Stern mit über 40000K Oberflächentemperatur und
40-60 Sonnenmassen bei ein paar Hunderttausend Sonnenleuchtkräften handelt. Er liegt hinter der Dunkelwolke, die den Pelikannebel vom Nordamerikanebel trennt. Die Extinktion beträgt 9 bis 10 Magnituden. Die Rötung ist durch die Streuung an den Staubteilchen bedingt.
Er hat sogar einen Namen, nämlich Bajamar-Star, nach der ursprünglichen spanischen Bezeichnung für die Bahamas.
Comeron und Pasquali weisen in dem Artikel auch darauf hin, dass es sich hier um ein Einzelobjekt handelt, welches keinem jungen Sternentstehungshaufen anzugehören scheint.
W80 ist ein intensives Forschungsobjekt geblieben. Im Dezember 2020 sind mit Veröffentlichung des Gaia EDR3-Kataloges die Grundlagen
der Forschung revolutioniert worden. Der Gaia EDR3-Katalog ist eine Vorab-Veröffentlichung des Gaia DR3-Katalogs, welche aber bereits
die kompletten astrometrischen Daten incl. Eigenbewegung und Radialgeschwindigkeit mit wesentlich höherer Genauigkeit enthält.
Seither können Struktur und Dynamik des Nebels und der Sterne viel besser untersucht werden.
So erschien bereits Dezember 2020 dieser Artkel von Kuhn&Hillenbrand:
iopscience.iop.org/article/10.3847/2515-5172/abd18a
Hier werden insbesondere die dynamischen Eigenschaften des Bajamar-Stars untersucht. Er entfernt sich mit moderater (nicht zu hoher) Geschwindigkeit vom Ort seiner Entstehung (tangential 6km/s werden angegeben) , hier als Cluster "D" benannt.
Dieser Cluster liegt teilweise im Kopf des Pelikans und östlich davon.
Neueren Arbeiten über Sterne im W80-Komplex zufolge ist die Tatsache, dass sich sehr massive Einzelobjekte relativ schnell vom Ort ihrer Entstehung in den Clustern entfernen, durchaus kein Einzelfall. Das würde Konsequenzen für die Dynamik junger offener Haufen, als auch für den ganzen Komplex haben.
Und sicher nicht nur für den W80-Komplex.
Ein spannendes Thema!
Übrigens konnte ich bei der Netzrecherche hier nicht vermeiden, mal ein Blick auf die Angebote für ein 135mm-ASKAR-Reise-APO zu werfen.
Genau die richtige Optik für den Gesamtkomplex!
Ich wünsche Euch viele schöne klare Nächte.
Michael
hier ist das fertige Bild des Pelikannebels.
Es ist die erste Aufnahme, die ich mit dem 350mm-APO auf der EQ5 in Bergfelde machen konnte.
Hier die Daten zum Bild:
Aufn. v. 18./19. August und 15./16. Oktober 2023
ZWO ASI294mmPro an 350mm/f5-APO
Montierung: Skywatcher-EQ5
Guiding: PHD2
Aufn. in R:4x3'; G:5x3'; B:6x3';CLS-CCD: 5x500"; Ha: 8x3' und 5x5'
Bearbeitung: PI,PS,Starnet++,NeatImage
sehr gute Aufnahmebedingungen (seeing!)
Bei den Flats war mir ja ein Maleur passiert. Für diese Aufnahme hatte ich keine Flats. Da ich das Bildfeld (fast) immer so orientiere, dass Norden entw. oben oder rechts ist, konnte
ich zur Not auf Flats späterer Aufnahmen zurückgreifen.
Die Bearbeitung ist zunehmend mit PixInsight erfolgt. Z.B. habe ich hier zum ersten Mal die Spektro-Photometrische-Farbkalibrierung (SPCC) durchgeführt.
Sehr gut hat mir auch das Script "DarkStructureEnhance" gefallen. Es verstärkt den Kontrast dunkler Nebelpartien.
Zuerst aus den RGB und den CLS-CCD ein LRGB erstellt. Leicht gestreckt und dann in Sterne und Hintergrund separiert.
Auf die Sterne den SPCC-Prozess angewandt.
Beim Hintergrund den Rot-Kanal mit dem 5'-Ha-Kanal getauscht und farblich abgeglichen.
Aus den beiden Aufnahmeserien in Ha habe ich ein HDR erstellt. Im Prinzip waren bei den 5'-Aufnahmen nur die hellsten Nebelpartien überbelichtet.
Das HDR habe ich noch in Luminanz rübergelegt.
Die Detailfülle der Aufnahme ist schon sehr beeindruckend. Farblich wollte ich sehr dezent bleiben.
Auch die Verringerung des Rauschens habe ich sehr vorsichtig durchgeführt.
Mit dem Bild bin ich sehr zufrieden.
*
Der Pelikannebel bildet zusammen mit dem Nordamerikanebel einen riesigen Gas/Staub-Komplex, der auch als W80 bezeichnet wird
(nach dem Namensgeber Westerhout 1958). Die Suche nach Sternen, die zur Ionisierung des Gases führt,
geht bis auf Hubble in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Im Jahre 2005 erschien dieser berühmt gewordene Artikel,
den ich hier verlinkt habe: caha.es/newsletter/news05b/Comeron/ngc7000.html
In diesem Artikel des Calar-Alto-Observatoriums zeigen die Autoren Comeron&Pasquali, wie sie den Stern J205551.3+435225
als wesentliche Quelle der Ionisation des Nebelkomplexes identifiziert haben. Ich finde diesen Artikel schon deshalb schön,
weil die Freude darüber so gut zu spüren ist.
Die 2MASS-Bezeichnung des Sternes, die die J2000.0-Koordinatenenthält, macht die Suche nach dem Objekt einfach. Hier ist ein Ausschnitt des großen Bildes mit "Florida", dem "Golf von Mexiko" und en "Bahamas".
Der Pfeil weist auf den Stern (zwischen den Schultern des "Kleinen Orion" - eine nette Konstellation).
Diesem rötlichen 13mag-Stern sieht man wirklich nicht an, dass es sich hier um einen O5V-Stern mit über 40000K Oberflächentemperatur und
40-60 Sonnenmassen bei ein paar Hunderttausend Sonnenleuchtkräften handelt. Er liegt hinter der Dunkelwolke, die den Pelikannebel vom Nordamerikanebel trennt. Die Extinktion beträgt 9 bis 10 Magnituden. Die Rötung ist durch die Streuung an den Staubteilchen bedingt.
Er hat sogar einen Namen, nämlich Bajamar-Star, nach der ursprünglichen spanischen Bezeichnung für die Bahamas.
Comeron und Pasquali weisen in dem Artikel auch darauf hin, dass es sich hier um ein Einzelobjekt handelt, welches keinem jungen Sternentstehungshaufen anzugehören scheint.
W80 ist ein intensives Forschungsobjekt geblieben. Im Dezember 2020 sind mit Veröffentlichung des Gaia EDR3-Kataloges die Grundlagen
der Forschung revolutioniert worden. Der Gaia EDR3-Katalog ist eine Vorab-Veröffentlichung des Gaia DR3-Katalogs, welche aber bereits
die kompletten astrometrischen Daten incl. Eigenbewegung und Radialgeschwindigkeit mit wesentlich höherer Genauigkeit enthält.
Seither können Struktur und Dynamik des Nebels und der Sterne viel besser untersucht werden.
So erschien bereits Dezember 2020 dieser Artkel von Kuhn&Hillenbrand:
iopscience.iop.org/article/10.3847/2515-5172/abd18a
Hier werden insbesondere die dynamischen Eigenschaften des Bajamar-Stars untersucht. Er entfernt sich mit moderater (nicht zu hoher) Geschwindigkeit vom Ort seiner Entstehung (tangential 6km/s werden angegeben) , hier als Cluster "D" benannt.
Dieser Cluster liegt teilweise im Kopf des Pelikans und östlich davon.
Neueren Arbeiten über Sterne im W80-Komplex zufolge ist die Tatsache, dass sich sehr massive Einzelobjekte relativ schnell vom Ort ihrer Entstehung in den Clustern entfernen, durchaus kein Einzelfall. Das würde Konsequenzen für die Dynamik junger offener Haufen, als auch für den ganzen Komplex haben.
Und sicher nicht nur für den W80-Komplex.
Ein spannendes Thema!
Übrigens konnte ich bei der Netzrecherche hier nicht vermeiden, mal ein Blick auf die Angebote für ein 135mm-ASKAR-Reise-APO zu werfen.
Genau die richtige Optik für den Gesamtkomplex!
Ich wünsche Euch viele schöne klare Nächte.
Michael
Ich bin Michael
Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Micha314 ()