Hilfe, Probleme beim Einscheinern

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    • Hilfe, Probleme beim Einscheinern

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      Hallo liebe Balkonianer,

      ich habe auf meinem Balkon leider ein sehr eingeschränktes Sichtfeld.
      Geradeaus sehe ich nach Westen und dann noch links und rechts ein kleines Stückchen vom Himmel.
      Und vertikal habe ich ein Sichtfeld von 15 Grad bis ca. 50 Grad. Fotos von meinem Balkon findet ihr im Forum "Das sind wir".

      Da ich von meiner Montierung aus fotografieren möchte (mit Normalobjektiven oder Teleskop), ist die genaue Einnordung natürlich extrem wichtig.

      Und genau dabei habe ich momentan die meisten Probleme.
      Da ich keinen freien Blick zum Polarstern habe, muß ich einscheinern. Aber in den üblichen Anleitungen zum Einscheinern wird immer davon ausgegangen, dass man in alle Himmelsrichtungen blicken kann. Ich habe aber nur freie Sicht nach Westen.

      Es muß doch möglich sein, auch nur über Sterne in Südwest, West und Nordwest relativ genau einzuscheinern.

      Hier eine konkrete Problembeschreibung:
      Mein Fadenkreuzokular ist korrekt auf die beiden Bewegungsachsen ausgerichtet. Nachführung ist an.

      Wenn ich einen Stern im Südwesten anvisiere, wandert der Stern relativ zum Fadenkreuz nach einiger Zeit leicht nach oben und deutlich stärker nach links.

      Wenn ich einen Stern im Nordwesten anvisiere, wandert der Stern leicht nach rechts und deutlich stärker nach oben.

      In welche Richtung (Süd oder Nord) muss ich jetzt die Montierung drehen?
      Und muss ich die Gradzahl der Polhöhe jetzt verringern oder erhöhen?

      Es ist für mich wirklich sehr wichtig, meine Montierung so genau wie möglich auszurichten.
      Ich möchte doch gerne auch längerbelichtete Fotos machen, ohne Strichspuren zu bekommen.
      Vielleicht sind hier ja einige Experten, die bei der Himmelsmechanik besser durchsehen als ich.

      Ich bin für jeden Hinweis dankbar, denn allein schaffe ich das nicht.

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Ronny,

      willkommen im Club! Wenn ich mir so Deinen Balkon ansehe, kommt mir meiner schon fast als privilegiert vor. Ein recht dunkler Innenhof, und auf der anderen Seite sind nur Büros, die abends dunkel sind, und wo keiner ein Fenster aus einer warmen Wohnung aufmacht. Ich habe hier Sicht nach SSO.
      Die CAM habe ich auch hier, und komplett habe ich sie auch noch nicht eingescheinert. Nach Süden ist sie jetzt ausgerichtet, aber die Polhöhe stimmt noch nicht ganz. Ich arbeite also auch noch daran...

      Zu Deiner Frage:
      Die Theorie dürfte dir bekannt sein. (baader-planetarium.de/montierungen/htm/scheiner.htm)
      Dein Problem ist (genau wie meines), ZWEI Achsen gleichzeitig und bestmöglich auszurichten.

      Theorie:
      t1). Normalerweise wird erst einmal die Montierung mit Blick Richtung Süden grob ausgerichtet. Die EXAKTE Polhöhe ist hierbei nicht so entscheidend, da Richtung Süden der Polhöhenfehler im Vergleich zur Link/Rechts-Verschiebung der Montierung minimal ist.
      t2). Danach wird erst die Polhöhe mit einem Stern in Ost oder Westrichtung eingestellt.

      Diese Reihenfolge funktioniert bei Dir nicht, da Du keine Sicht Richtung Süden hast.

      Vorschlag für die Praxis:
      Mache die Vorgänge GETRENNT. Also:

      p1). Auf Deinem Balkon hast Du keine Süd-Sicht. O.K. Kannst Du Montierung und Scope nach unten auf die Straße mit freier Süd und Ost-Sicht schaffen?
      Falls ja, versuche die Montierung schön gerade per Libelle aufzustellen, und mache Dich dann nach Plan an die Arbeit. Erst die korrente Südrichtung finden, dafür die Montierung also komplett links/rechts herum zerren, und später feiner einstellen.
      Erst wenn der Stern Richtung Süden schön genau im Fadengreuz bleibt, die Polhöhe mit Stern im Osten einstellen. Du wirst schnell merken, in welcher Richtung bei Deinen Korrekturen der Polhöhe es BESSER, und in welcher Richtung es SCHLECHTER wird. Wie in der Anleitung beschrieben die Vorgänge nochmal wiederholen.

      Lasse Dir dafür GENÜGEND ZEIT! Es wird langweilig da unten auf der Straße werden, da es vermutlich einige Stunden dauern wird. Das Teleskop vor der Nase, netter Himmel über einem, aber man guckt nur auf einen blöden Stern... :(

      p2). Mit der nun gut eingestellten POLHÖHE das Teleskop wieder auf den Balkon bringen.
      Nun geht es Dir nur noch darum, die korrekte West-Richtung zu finden, und das sollte mit Deiner Straßenerfahrung im links/rechts Drehen der kompletten Montierung nun gut klappen.

      Geschafft! :)

      p3). Den korrekten Stand MARKIEREN! Momentan kleben hier bei mir noch stabile Tesa-Pack-Streifen auf dem Balkonboden, damit ich weiß, wo die Beine exakt stehen müssen. Ich habe auch schon überlegt, dort große flache Unterlegscheiben mit Zwei-Komponenten-Kleber auf den Boden zu kleben, in die dann einfach die Spitzen der Beine gestellt werden.

      Na, wie findest Du die Idee? Ich denke, es ist durchaus praktikabel.
      Die Montierung NOCH genauer auf Deinem Balkon einzustellen wird schwierig. Dann kannst Du nur nach der Try-And-Error Methode langsam erst die eine Achse, dann die andere Achse verändern, und dabei registrieren, ob der Stern im Westen langsamer oder schneller aus dem Kreuz läuft.

      Soweit mein Vorschlag.
      Auf jeden Fall: Viel Erfolg!


      Viele Grüße,

      Axel

      P.S.: Ich werde mich auch an MEINE Polhöhe machen...
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Axel,

      vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

      Also mit dem Teleskop auf die Straße gehen, das tue ich mir nicht an.
      Hier bei uns laufen auch nachts viele Leute umher. Und dann auch noch solche aus, nennen wir es mal, sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten.


      Unter freiem Himmel könnte ich ja auch die wedge-align-Funktion der Montierung nutzen. Die damit erreichbare Genauigkeit soll doch schon recht gut sein.

      Also bleibt mir vom Balkon aus nur die Versuch-und-Irrtum-Methode.
      Aber ich bekomme das schon irgendwie hin.
      Wenn ich die Genauigkeit meiner Nachführung nach und nach immer weiter steigern kann, bin ich schon zufrieden.

      Deine Idee mit den festgeklebten Unterlegscheiben ist übrigens sehr gut.
      Ich hatte mir schon ähnliche Gedanken gemacht und wollte am Boden die Position der Stativfüße mit Permanentmarker anzeichnen.
      Aber Dein Lösungsansatz ist deutlich besser. Besonders dann, wenn der Innendurchmesser der Scheiben genau dem Fußspitzendurchmesser der Montierung entspricht.

      Jetzt hoffe ich mal auf klaren Himmel und werde mich dann intensiv mit dem trial-and-error-Einscheinern beschäftigen.

      Viele Grüße
      Ronny
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Ronny!
      Von mir auch ein herzliches Willkommen hier im Forum!
      Das mit der Polhöhe ist nicht das Ding. Die Polhöhe (Deklination) entspricht ja dem geografischen Breitengrad deines Wohnortes.
      Für Waren (Müritz) ist die nördliche Breite 53° 31′ 0″, entspricht 53.516667° (GeoHack). Den Wert stellst du so genau wie möglich ein.
      Noch genauer ist ein Navi, damit bekommst du den genauen Breitengrad deines Balkons. Jetzt kommts noch drauf an, wie genau du die Polhöhe an deiner Montierung einstellen kannst.

      Gruß
      Micha
      Viele Grüße,
      Micha

      "Uns hilft kein Gott, unsre Welt zu erhalten!"- Karat, Der Blaue Planet, 1982
      Meine Bilder auf AstroBin
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Micha,

      die Polhöhe hab ich schon manuell auf unseren Breitengrad eingestellt.
      Das ist aber bei meiner Montierung leider nicht so supergenau möglich.
      Es geht mir ja auch ums fotografieren und um längere Belichtungszeiten.

      Ich frage mich:
      Wie genau ist meine jetzige Einnordung überhaupt?


      Ich belichte mit einem 50mm-Objektiv bis zu ca. 90 Sekunden, ohne daß die Sterne länglich werden.
      Durchs Teleskop mit 750mm gehen maximal 25 Sekunden, dann bemerkt man schon die ersten Ansätze von Strichspuren.

      Ich denke mal, da muss ich nur noch ganz fein nachkorrigieren, oder?

      Gruß
      Ronny

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Ronny

      In Richtung Westen dürfte es dann meiner Meinung nach am schlimmsten mit den Strichen werden, oder?

      Ich habe bei Fotografie Richtung West oder Ost nämlich ähnliche Probleme.
      Die Polhöhenverstellung meiner EQ3 ist leider ziemlich ungenau und ich habe noch nicht wirklich rausgefunden wie es am besten passt.

      Gruß Kai
      "Was ist die Relativitätstheorie in einem Satz?" Ganz einfach: ein Substantiv!
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      "Kai_K" schrieb:


      In Richtung Westen dürfte es dann meiner Meinung nach am schlimmsten mit den Strichen werden, oder?


      Ja, es gibt leichte Unterschiede, wenn ich von genau West ein wenig nach links oder rechts fotografiere. Aber nur ein paar Sekunden.

      Kannst Du schon längere Belichtungszeiten realisieren, als ich?


      LG
      Ronny

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      "waldmeister" schrieb:


      Kannst Du schon längere Belichtungszeiten realisieren, als ich?

      Naja, ich kann zur Zeit in Nähe der Südrichtung bis zu 240 Sekunden und West/Ost max. 150 Sekunden belichten.
      Das ist zumindest schon mal eine Steigerung zu meinen anfänglichen 60 Sekunden...

      Gruß, Kai
      "Was ist die Relativitätstheorie in einem Satz?" Ganz einfach: ein Substantiv!
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      @Axel_B

      Wegen der festgeklebten Unterlegscheiben auf dem Balkonboden.

      Ich hab vorhin gelesen, dass manche Leute auch passende Löcher in den Balkonboden bohren (ohne Unterlegscheiben). Also das ist wirklich die stabilste Art, seine Montierung zu fixieren. Außer natürlich, man hat einen sehr hochwertigen Boden auf dem Balkon.
      Also ich werd das machen mit den Löchern.
      Aber vorher hoffe ich auf klaren Himmel und versuche mich mal mit dem Einscheinern.
      Wäre schon toll, wenn ich ein wenig länger belichten könnte, als bisher.

      LG
      Ronny

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Ronny

      Ich würde auch mehr kurze Belichtungen vorschlagen, und diese danach addieren, ich mach das auch so, bei längeren Belichtungszeiten wirken die helleren Sterne meist ausgebrannt (überbelichtet!!!!), auch bei helleren Nebeln ist das so ( zB. Orionnebel ), da sind unterschiedliche Belichtungszeiten von Vorteil, da der Kernbereich dieses Nebels relativ hell ist gegenüber den Rest. Da muß man halt ein bisschen probieren.
      Meine Gabelmontierung ist für Astrofotografie nicht so geeignet, zuerst habe ich immer manuell eingegriffen (mit Handsteuerbox und Fadenkreuzokular ), das war aber sehr mühsam.
      Mit dem Guiding geht das jetzt einfacher. Bei mir ist nicht die Einstellung der Polhöhe das problem sondern die schwankende Dehzahl in RA, in die man aber eingreifen kann ohne das sich das Bildfeld dreht.

      Gruß Stefan
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Vielen Dank für die Hinweise. Das ist mir schon klar, mit dem stacken.

      Aber eine gewisse Belichtungszeit braucht man schon, damit im Bildrauschen genügend Informationen vorhanden sind.

      Meine Fotos mit dem Canon 50/1,8 sind bei 90 sekunden Belichtung und anschließendem stacken vieler Einzelbilder schon recht ordentlich geworden.
      Ich hab aber auch ein Weitwinkelobjektiv, das nicht so besonders lichtstark ist und da sind 90 Sekunden etwas zu wenig.
      Und bei Fotos durchs Teleskop sind ca. 20 Sekunden auch zu kurz.
      Ich hab mal die Plejaden probiert. Die Sterne sind sehr schön geworden, aber die Nebelstrukturen sind nicht zu erkennen. Mein Orionnebel ist schon ganz ordentlich geworden.

      Mit Fitswork habe ich mich mittlerweile schon recht gut eingearbeitet.


      LG
      Ronny

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hier mal ein kurzer Bericht:

      Die Wetterbedingungen waren schlecht, dunstiger Himmel und vereinzelt Wolken.

      Angefangen hab ich mit einem Stern so weit wie möglich im Südwesten. Ging auch ganz gut und ich hatte recht schnell eine korrekte Sternbewegung für 10 Minuten.

      Dann hab ich einen Stern im Westen für die Justierung der Polhöhe anvisiert. Das geht genau so, wie mit einem Oststern, nur dass man die Korrekturrichtung umkehren muss.
      Es hat sich dann herausgestellt, dass meine Polhöhe viel zu steil eingestellt war.

      Als die Polhöhe halbwegs gestimmt hat, bin ich zurück nach Südwesten, um die Azimutausrichtung nochmal zu korrigieren. Aber die zuvor eingestellte Azimutausrichtung stimmte jetzt überhaupt nicht mehr. Ich mußte die Achse stark nach Osten korrigieren. Die Genauigkeit wurde nach und nach immer besser.

      Dann mußte ich abbrechen, weil starker Nebel aufzog.
      Heute Nacht geht es weiter. Das Wetter sieht gut aus.
      Ich freue mich schon auf die tollen fotografischen Möglichkeiten, wenn meine Montierung erstmal halbwegs vernünftig ausgerichtet ist.

      LG
      Ronny

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Ihr werdet euch jetzt vielleicht über mich kaputtlachen. Aber ich hab wirklich fast 4 Stunden gebraucht für das Einscheinern.
      Man hat es nicht leicht, als lausiger Anfänger.
      Es hat aber alles gut funktioniert. Besser, als ich erwartet hatte.

      Der Stern läuft jetzt auf beiden Achsen 10 Minuten ohne Abweichung.
      Mal sehen, wie sich das auf die mögliche Belichtungszeit auswirkt.

      Viele Grüße
      Ronny

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    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Hallo Ronny

      Da gibt's überhaupt nichts zu lachen, das erste mal hatte ich einige Nächte gebraucht bis das einigermaßen Funkionierte, die blöde Polhöhenwiege des Meade LX 10 verstellte sich immer beim festziehen. Erst als ich andere Unterlegscheiben dazwischen montierte ging es.
      10 Minuten ohne nachzuhelfen ist doch schon super, da sind schon tolle Bilder möglich, mehr bringt eigentlich überhaupt nichts, da der Himmelshintergrund sehr hell wird und die Sterne ausgebrannt wirken. Da ist halt probieren mit mehreren Belichtungszeiten angesagt.
      Mit der Zeit kommt man schon drauf wie es am besten wird. Bin auch noch am üben!!!!

      Gruß Stefan
    • Re: Hilfe, Probleme beim Einscheinern

      Also das Einscheinern hat wirklich gut funktioniert.

      Aber ich kann trotzdem nicht länger belichten, als vorher.

      Die Sterne "eiern" vor und zurück und vor und zurück.
      Periodischer Schneckenfehler. Und dann auch noch ziemlich stark. :shock:
      Bei meiner tollen CAM. Mist!

      Jetzt heißt es also Kabel basteln und Firmware updaten, damit ich die PEC-Funktion benutzen kann.
      So schwierig hatte ich mir das nicht vorgestellt, eine Belichtungszeit von 1 oder zwei Minuten bei 750 mm zu erreichen.
      Aber egal. Muss sein.

      Hat hier schon jemand bei einer CAM die Firmware upgedatet und die PEC benutzt?


      Gruß
      Ronny

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