DeepSky mit IR-Pass-Filter ?

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    • DeepSky mit IR-Pass-Filter ?

      Hallo alle zusammen,

      bei der DeepSky-Fotografie unter stark aufgehelltem Himmel stellt sich immer die Frage: Welche Ergebnisse lassen sich im Nahinfrarot beim Einsatz von IR-Pass-Filtern erzielen?
      Immerhin sorgt die Aufnahme in diesem Wellenlängenbereich für einen recht dunklen Himmel.
      Ich habe hier einmal zwei Einzelaufnahmen der Sculptor-Galaxie NGC253 gegenübergestellt, die mit dem astronomikProPlanetBP642 bzw. mit dem astronomikCLS-CCD bei sehr ähnlichen
      äußeren Bedingungen aufgenommen wurden. Speziell das IR-Pass-Bild hat Nachführungenauigkeiten, NGC253 ist für mich so ein wenig ein Sorgenkind, weil ich noch keine richtig guten
      Aufnahmen hinbekommen habe, aber für den Vergleich sind sie gut geeignet.






      Natürlich ist die IR-Pass-Aufnahme länger belichtet, das muss beachtet werden. Der Hintergrund ist aber trotz der längeren Belichtungszeit deutlich dunkler.
      Des weiteren habe ich noch den Azimut zum Aufnahmezeitpunkt angegeben. Man kann grob sagen, dass die Himmelshelligkeit von meinem Balkon aus mit höheren Azimut abnimmt,
      da der Abstand zum Berliner Stadtzentrum größer wird.
      Interessant ist auf jeden Fall der Vergleich der Halbwertsbreiten (FWHM) bei beiden Filtern. Der IR-Pass liefert an dem markierten Stern eine geringere Halbwertsbreite als der CLS-CCD.
      Das liegt vor allem daran, dass das seeing zu größeren Wellenlängen hin besser wird.
      Der Bildkontrast ist bei der IR-Pass-Aufnahme größer. In den Bereichen der Dunkelwolken/Sternentstehungsgebieten mit recht starker Halpha-Stahlung ist das leicht einzusehen.
      Erstaunlich finde ich aber, dass selbst die äußeren Bereiche mit mehr oder weniger blauem Kontinuum mit dem IR-Pass kontrastreicher kommen.

      Insgesamt möchte ich meinen, dass nichts gegen den Einsatz dieses IR-Pass-Filters spricht.
      Die Firma astronomik hat drei IR-Pass-Filter im Programm: den 642BP, den 742er und den 842er. Empfehlen möchte ich v.a. den 642BP.
      Dieser ist der einzige Bandpassfilter, er blockiert wieder ab 842nm. In dem Durchlassbereich ist die QE der Sensoren i.a. noch recht gut, und außerdem liegt die wichtige Halpha-Linie
      im Durchlassbereich.

      Mit aller Vorsicht kann ich diesen IR-Pass-Filter selbst für Aufnahmen von Galaxien empfehlen. In den L-Kanal des LRGB würde ich aber trotzdem versuchen, noch blau einzumischen.

      Ich möchte abschließend noch hinzufügen, dass die erreichte Grenzgröße (visuell!) bei dem verwendeten IR-Pass für meine Aufnahmebedingungen unschlagbar ist.
      Für Dekl. -27° liegt sie, optimale Bedingungen vorausgesetzt, bei etwa 18.5mag, bei 5min Belichtungszeit mit dem genannten set, gilt allerdings nur für kühle Sterne später Spektralklassen.

      Viele schöne klare Nächte wünscht

      Michael
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
    • Hallo Michael!
      Interessanter Vergleich! Der Einsatz des Filters scheint an deinem wohl sehr hellen Standort den Bildern nach ein verträglicher Kompromiss zu sein, allerding habe ich auch ein paar Fragen bzw. Anmerkungen:
      Der Pro Planet 642nm Bandpass ist m.E. kein wirklicher IR-Pass-Filter sondern ehr ein etwas breitbandiger Rotfilter. da wäre ein Vergleich mit einem "richtigen" Rotfilter schön, um zu sehen, was bzw. wieviel wirkliches NIR (>780nm) da
      überhaupt auf dem Chip gelandet ist.
      Weiter stellt sich mir da die Frage, was mit dem restlichen Lichtanteil der GX ist? Ich denke, viele Galaxien werden auch noch Licht in den kleineren Wellenlängen emittieren? Bei Objekten, die zum großen Teil
      im tiefroten oder NIR-Bereich leuchten, macht der Filter denke ich Sinn.
      Nicht zu vergessen ist, dass mit größerer Wellenlänge die Auflösung sinkt und dass die Sache nur mit Monochromkameras funktioniert, bei Farbkameras wäre der Auflösungsverlust zu groß.

      Ach ja, fast noch vergessen:
      Wenn du versuchst, das IR als Luminanz zu nehmen, kann es passieren, dass du möglicherweise tatsächlich Strukturen im NIR hast, für die es dann im RGB keine "Entsprechung" gibt, da nicht vorhanden. Das gibt dann (aus Erfahrung mit L(IR)RGB Planetenaufnahmen) unschöne Artefakte.
      Viele Grüße,
      Micha

      "Uns hilft kein Gott, unsre Welt zu erhalten!"- Karat, Der Blaue Planet, 1982
      Meine Bilder auf AstroBin

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von mic ()

    • Hallo Michael und Micha,

      auf jeden Fall ist das ein Thema über das diskutiert werden und vielleicht noch besser, zu dem experimentiert werden kann.

      Ich habe ja für mich erkannt, daß mich die reine DS-Fotografie nicht so wirklich interessiert. Ich bewundere, welch großartige DS-Astrofotos berufene Amateure heute erschaffen, aber mich reizt es eben mehr, mittels der Astrofotografie dynamische Prozesse zu dokumentieren und auch zu untersuchen. Geniale Bilder (vor allem nachträglich am PC) zu erschaffen interessiert mich einfach viel weniger.
      Experimentieren mit Filtern etc., vor allem auch mit etwas exotischeren Ansätzen reizt mich aber.
      Nicht jetzt unbedingt an komplizierten Objekten, die enorm viel Belichtungszeit, Geduld, Können - oder wie es mir immer wieder begegnet vollautomatisierte Teleskopsysteme erfordern, die das so nebenher machen während ich schlafe, aber vielleicht an hellen Objekten.
      Da würde ich auch gerne mal was mit Filtern versuchen, die erst im Nah-IR öffnen, ich habe da einen, der bei 850 nm aufmacht.
      Hier auch mal einen Versuch mit einem reinen Rotfilter zu wagen erscheint mir interessant.
      Alles Gute und klaren Himmel wünscht

      Martin

      Grenzenloses Staunen . . . .
    • Hallo Michael,

      danke für die Ausführungen zur Deep-Sky Fotografie mit einem IR-Pass-Filter.

      Der Filter scheint, wie Micha bereits geschrieben hat, bei Dir seinen guten Dienst zu verrichten. Wir sollten uns aber bei dem verwendeten Filter die Filterkurven anschauen.



      Man sieht deutlich, dass der ProPlanet 642 quasi ein erweiterter Rot-Filter ist, was auch auf der Astronomik Seite bestätigt ist. Dort wird von einem quasi Ha-Filter mit 40nm Breite geschrieben.

      Astronomik

      Dazu im Vergleich die Filterkurve eines RGB-Satzes von Astronomik



      Wenn wir die beiden Filterkurven vergleichen fällt sofort auf, dass bei dem ProPlanet 642 Blau und Grün vollständig unter den Tisch fällt. Für die Deep-Sky Fotografie kann das bedeuten, dass als Luminanz eingesetzt Strukturen im L-Bild fehlen, die bei der Farbfilterung vorhanden sind. Das könnte man ggf. an einem blauen Stern prüfen. Der müsste bei Blau-Filterung vorhanden sein - bei L (IR)-Filterung nicht.

      Der Luminanz Filter schließt blau und grün bei der Durchlasskurve ein.




      Wie bereits oben geschrieben wäre die Kontrolle an einem blauen Stern hilfreich.
      Klaren Himmel wünschen

      Antina und Karsten

      astrokarsten.wix.com/farbe-des-universums/

      Astrobin
    • Hallo Michael,
      danke erst mal für die Antwort.
      Ich denke, für den hier betrachteten Fall spielt es eine geringe Rolle, wo man die Grenze von R zu NIR setzt.
      Diese wird sich an der Physiologie unserer Augen orientieren.
      Wichtig ist, dass die Hintergrundhelligkeit kontinuierlich mit zunehmender Lichtwellenlänge abnimmt.
      Das erklärt sich va. durch die spektrale Verteilung des Streulichtes (Steuung des Großstadtlichtes - Lichterglocke, sowie
      Streuung des Lichtes der astron. Objekte). Beide nehmen mit zunehmender Wellenlänge ab.
      Ferner ist die Extinktion des Lichtes der astron. Objekte bei größeren Wellenlängen geringer.
      Wichtige Einschränkungen ergeben sich allerdings beim Einsatz von Linsenoptiken.
      Als Anwender des alten Sonnar 2,8/180 kann ich ein Lied davon singen. Einerseits driftet der Fokus hier zum Rot hin schon deutlich ab,
      so dass bereits der Einsatz konventioneller L-Filter nicht mehr richtig geht. Zum anderen spielt die Vergütung dieser Optiken eine große Rolle.
      Die muss ja nicht für den NIR berechtnet sein. Man kommt um das Experimentieren nicht rum.
      Ich habe zwar Aufnahmen von NGC253 mit "richtigem" Rotfilter, doch die sind zu einem ganz anderen Zeitpunkt gewonnen.
      Auch hatte ich damals noch nicht den astronomik RGB-Filtersatz (nicht den LRGB-Satz!) drin.
      Die Testaufnahmen (R - BP642) mache ich diesen Winter aber noch. Das geht ja schnell.
      Zu dem blauen Licht der Galaxie: Die äußeren Bereiche erscheinen blau (kurzwellig). Wir haben hier Licht von kontinuierlicher Sternenstrahlung,
      in erster Näherung kann man die als Schwarzkörperstrahlung betrachten. Sie strahlen auch im NIR, wenn auch verhältnismäßig sehr viel weniger
      als im Blauen. Trotzdem werden diese äußeren Bereiche der Galaxie mit dem 642BP kontrastreicher abgebildet. Es ist halt ein guter Kompromiss.
      Ich hatte ja im Beitrag geschrieben, dass man mit Blaufilter gewonnene Aufnahmen in den L-Kanal einmischen kann. Stellt sich bloß die Frage,
      ob man sich da nicht nur mehr Rauschen einhandelt...

      Schließlich: Ja,Monochrom-Kamera sind hier angesagt !

      Viele schöne klare Nächte wünscht

      Micha
      Ich bin Michael
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    • Hallo Martin,
      danke für die Antwort, wie Du ja selber sagst: Experimentieren, experim....
      Dein NIR-Filter, der erst ab 850nm öffnet ist schon recht streng.
      Aus meiner DSI III Zeit habe ich alle drei astronomik IR-Pass, in 1,25".
      Vergleichbar wäre hier der IR-Pass842.Dieser brachte bein mir jedoch stark verrauschte Bilder
      (im Vergleich zu denanderen beiden Filtern 642BP und 742). In dem sehr langwelligen Bereich ist
      die Empfindlichkeit der Sensoren einfach nicht mehr ausreichend.
      Den 842IR-Pass kann ich heute nicht mehr nehmen, weil er nicht ins Filterrad passt.
      Aber den Vergleich R-BP642 bringe ich noch, wenn sich endlich mal wieder die Gelegenheit dafür bieten sollte.

      Viele schöne klare Nächte wünscht

      Michael
      Ich bin Michael
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    • Hallo Antina & Karsten,
      danke für Euren Einwand.
      Es ist wichtig, ob wir es mit einem selektiven oder kontinuierlichen Stahler zu tun haben.
      Selektive Strahler strahlen ja v.a. in bestimmten Wellenlängen (Linien). Wichtig ja z.B.
      Halpha, Oiii oder S2. Außerhalb der Emissionswellenlängen ist da nichts.
      Die kontinuierlichen Strahler emittieren, zumindest zu längeren Wellenlängen hin, kontinuierlich.
      Thermisches Sternenlicht ist in diesem Sinn kontinuierlich. Drübergelagerten Emissions-/Absorbsionlinien
      brauchen hier nicht berücksichtigt werden. Blaue Sterne werden also immer auch im IR strahlen. (Vergleich: ein weißglühendes Stück Eisen
      strahlt natürlich auch viel Wärme ab). Allerdings liegt das Helligkeitsmaximum dann im Blauen und nimmt zu größeren Wellenlängen hin
      kontinuierlich ab (plancksche Strahlunskurve).
      Der Unterschied ist, dass blaue Sterne mit IR-Pass genommen, nicht mehr so hell erscheinen, wie mit Filtern für kürzere Wellenlängen.
      Die Bilder entsprechen auch nicht mehr ganz dem visuellen Eindruck, was ich durchaus faszinierend finde.
      Selektive Strahler (z.B. bei der Oiii-Linie im Blaugrün) hingegen bekommt man so nicht.
      Will man trotzdem am L-Kanal mit IR-Pass festhalten, dann sollte man für diesen Fall Oiii in den L-Kanal einmischen.
      Auf dem Bild von NGC253, dessen äußere Partien im kontinuierlichen Licht bläulich erscheinen (bitte mal mit einem "guten" Bild vergleichen),
      kommen diese Bereiche mit dem 642BP durchaus kräftiger als mit dem CLS-CCD. Es ist halt ein guter Kompromiss.

      Ich wünsche Euch viele schöne klare Nächte

      Michael
      Ich bin Michael
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