Messier 4 im Juni 2025

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    • Messier 4 im Juni 2025

      Hallo liebe Sternfreunde,

      nach längerer Zeit möchte ich ein Bild aus jüngster Zeit vorstellen.
      Es ist der Kugelsternhaufen Messier 4 im Skorpion, der in den letzten Wochen nachts tief am Südhimmel stand.
      M4 erreicht bei mir eine Kulminationshöhe von nur 10,8°. Außerdem ist der Himmel nach Süden hin stark durch die
      Berliner Lichtglocke aufgehellt.




      Aufnahmeort war mein Balkon in Hennigsdorf.
      Die Aufnahmen entstanden in den drei Nächten v. 16./17.06.,19./20.06. und 20./21.06. 2025.
      Aufnahmeset: ASI294mmPro an 150/750 GSO Newton.
      Belichtet habe ich:
      R: 8 x 3'; G: 10 x 3'; B: 15 x 3'; ProPlanet642BP: 20 x 5'.
      Die Bearbeitung in PixInsight und Photoshop.

      Die Anzahl der Frames für RGB habe ich zu kürzeren Wellenlängen hin deutlich erhöht. Das macht auch Sinn, ist doch einerseits die Extinktion höher,
      und andererseits ist die Himmelsaufhellung hier auch störender. Beides führt zu einem erheblichen geringeren Bildkontrast, besonders in B.
      Streckt man R,G,B analog, dann bekommt man z.B. ein völlig verrauschtes B-Bild. Abhilfe ist nur mit viel mehr Rohframes möglich.
      Die 15 Rohframes reichen m.E. bei weitem noch nicht aus. Aber da stößt man schnell an Grenzen, schließlich sind es ja gerade jetzt
      die kürzesten Nächte gewesen. Bei mir ist die Sonne im Aufnahmezeitraum mal gerade auf mickrige 14,3° unter den Horizont gesunken!

      Gerade wegen der schwierigen Bedingungen bin ich mit dem Ergebnis hier sehr zufrieden.

      Zu dem Kugelsternhaufen Messier 4:

      Er ist der am leichtesten in Einzelsterne auflösbare Kugelhaufen der Milchstraße. Das liegt daran, dass er mit einer Entfernung von 1.85+/-0.02 kpc
      der dem Sonnensystem nächstgelegenste Kugelhaufen ist. Außerdem ist seine Konzentrationsklasse IX (von XII), er ist also sehr locker aufgebaut.
      Seiner Masse nach steht er nur an 98. Stelle der Kugelhaufen unserer Milchstraße.
      (Quelle: Galactic Globular Cluster Database Version 4, Holger Baumgardt et. al.)
      Die Masse wird hier zu etwa 90000 Sonnenmassen angegeben.

      Ich wünsche euch viele schöne klare Nächte.

      Micha
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Micha314 ()

    • Hallo Micha,

      das ist ein sehr schönes Ergebnis. Ich finde die farbliche Wiedergabe sehr angenehm. :thumbsup:
      Interessant ist, dass man die Spikes kaum noch wahrnimmt.
      Vor allem aber merkt man hier die größere Auflösung gegenüber dem Seestar.

      Ich habe M4 am 4.7.2025 hier im Tirol-Urlaub bei 16° Höhe aufgenommen - allerdings über die kleine Lichtglocke von Serfaus.
      Leider ist hier nicht mehr der dunkle Himmel wie vor 20 Jahren noch.
      Die Farbgestaltung ist mir leider nicht so gut gelungen wie dir, da ich ja nicht in verschiedenen Wellenlängen aufnehmen kann mit dem Seestar.
      Wenn du nichts dagegen hast, stelle ich hier mal meine Aufnahme zum Vergleich ein, um zu zeigen, dass die klassische Astrofotografie doch noch einige Vorteile bietet gegenüber den Smartteleskopen.

      Eigentlich wollte ich mehr Belichtungszeit einfließen lassen, aber es waren ständig Wolken unterwegs. EBV: APP, PI, PS


      VG
      Frank
      Ein Blick in die Tiefen des Weltalls ist immer ein Blick in die Vergangenheit.
      Grüße und cs
      Frank
      astrofanweb.de
    • Hallo Frank,

      danke für die Antwort und das Vergleichsbild von M4 mit dem Seestar.
      Ja, man erkennt deutlich die Rötung der Sterne in dem Bild wegen des tiefen Standes.
      Wirklich Abhilfe geht hier nur über Aufnahmen mit eine monochromen Kamera.
      Ich habe hier einfach viel mehr Möglichkeiten bei den Aufnahmen.
      Das betrifft nicht nur die Anzahl an Einzelframes pro Kanal, sondern auch, in welcher Reihenfolge die Aufnahmen
      durchgeführt werden. Ein Beispiel:
      Die Lichterglocke von Berlin (Stadtzentrum) hat von meinem Balkon aus betrachtet in SSO ihr Maximum (bei gleicher Höhe betrachtet.
      Richtung Meridian und weiter gen Westen nimmt die Himmelsaufhellung ab.
      Ich lege die Aufnahmen in den kurzen Wellenlängen daher immer in den Meridian und danach, aber nie vor den Meridiandurchgang.
      Das sind bei geringer Höhe die kritischen Wellenlängen.
      Lange Wellenlängen sind hier viel toleranter. Hier kann ich etwas vor dem Meridian beginnen.
      Aber auch hier: Weit vor dem Meridian geht's auch nicht. Die Lichterglocke ist da einfach zu hell.
      Wichtig für mich ist auch die Verwendung des ProPlanet642BP als Luminanzfilter. Dieser Filter (Bandpass, öffnet zw. 642nm und 842nm)
      liefert einen unvergleichlich dunklen Hintergrund. Kleiner Wermutstropfen: Um sehr helle Sterne erzeugt der Filter keulenförmige
      Artefakte zwischen den Spikes. Ich hatte darüber mal mit der Firma astronomik gesprochen. Sie sagten mir, das liegt an dem
      im Vergleich zu sehr hochwertigen Filtern eher einfachen Design. Und er wird ja auch nicht als Filter für Luminanz empfohlen.
      Für Bilder wie M4 ist er m.E. aber bestens einsetzbar. Durch den dunklen Hintergrund liefert er eine Tiefe in den Aufnahmen,
      die beispielsweise mit dem CLS-CCD hier überhaupt nicht erreichbar wäre.
      Übrigens ist das Bild von M4 ein doppeltes LRGB. Vor der LRGB-Kombination habe ich Sterne und Hintergrund getrennt,
      und daher auch die LRGB-Kombination zweimal durchgeführt.
      Der BlurXTerminator ist absolut unverzichtbar. Angewandt auf das RGB-Bild und das L-Bild. Im L-Bild hier zusätzlich
      noch die Sterne etwas mehr geschärft (mit Anpassung des Halo-Wertes (ausprobieren!)).
      Etwas Fingerspitzengefühl ist bei der - getrennten - Streckung der (Stern-)bilder für L und RGB nötig. Auch hier muss man
      etwas herumprobieren.
      Und noch etwas: Die ganz schwachen Sterne erscheinen in dem Bild farblos, einfach weil sie im RGB überhaupt nicht mehr
      abgebildet sind. Nur Im L-Bild sind diese schwächeren Sterne enthalten. Das ist eine Sache, wo mir dann auch keine Abhilfe einfällt.

      Übrigens: Die Gesamtbelichtungszeit war hier ja fast 200', also pro Nacht eine reichliche Stunde.
      Rar, wie schöne klare Nächte bei uns ja nun mal so sind, habe ich im Verlaufe der Nächte jeweils an drei Objekten belichtet.
      In der Reihenfolge (von West nach Ost): M4, M20 und M16. Für M20 und M16 waren aber erst Anfang Juli fertig aufgenommen.
      Hier bin ich auch sehr gespannt, wie die geworden sind.

      Viele Grüße

      Micha

      Ach ja, eins noch: Es juckt mir jetzt irgendwie in den Fingern, mal den SNR für unterschiedliche Anzahl an integrierten Frames
      in Blau zu ermitteln, und das mit den SNR in Grün und Rot zu vergleichen. Komme aber erst Anfang nächste Woche wieder nach
      Hennigsdorf, wo ich den kompletten Workspace für M4 auf dem PC habe.
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
    • Hallo Micha,

      ich finde, das ist eine beeindruckende Aufnahme von M 4 mit sehr schöner und natürlich wirkender Farbwiedergabe.

      Ohne nun das Bild mit dem SeeStar in seiner Qualität herabsetzen zu wollen - irgendwo muß ja nun schon noch ein Unterschied zwischen einem hochwertigeren Equipment und einem Smartscope erkennbar sein.
      Vielen Dank auch wieder für die umfangreichen Hintergrundinformationen !
      Alles Gute und klaren Himmel wünscht

      Martin

      Grenzenloses Staunen . . . .
    • Hallo Martin,

      danke für die Antwort. Die Farbkalibrierung ist mit dem SpectroPhotometricColorCorrection-Prozess in PI vorgenommen, dessen Ergebnis i.d.R. sehr gut passt.
      Ich habe heute mal die Integration für verschiedene Anzahl an Blau-Frames im Vergl. zu den G- unR-Kanälen durchgerechnet.
      Das Ergebnis:



      Man sieht wirklich, das SNR verbessert sich fasst linear mit der Anzahl verarbeiteter Frames. Für diesen Fall wären etwa 18-20 Frames in Blau optimal gewesen.

      Wichtig: Es geht mir darum, die SNR in R,G,B in etwa anzugleichen, das erleichtert die Weiterbearbeitung enorm.

      Es ist nicht mein Ziel, sämtliche Rohframes unter optimalen Bedingungen aufzunehmen. Da würde ich jetzt noch dasitzen und auf gut Wetter warten.
      Ich möchte keine Perfektion. Ich möchte unter Verwendung eines halbwegs vernünftigen Equipments und einer realistischen Aufnahmeplanung schauen,
      was so aus den Aufnahmen herauszuholen ist- unter doch recht schwierigen Bedingungen. Und über dieses Bild hier habe ich mich sehr gefreut.

      Viele Grüße

      Micha
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.
    • Hallo Micha,

      vielen Dank für das schöne Bild von M4. Beachtlich was Du aus den Daten zauberst wenn man den Tiefstand bedenkt.

      Die SPCC funktioniert sehr gut.

      Vielen Dank für das Teilen deiner Gedanken und auch die Infos zu den Kugelsternhaufen.

      Das SNR muss ja besser werden und steigt idealerweise mit dem Quadrat der Belichtungen.
      Klaren Himmel wünschen

      Antina und Karsten

      astrokarsten.wix.com/farbe-des-universums/

      Astrobin
    • Hallo Karsten,

      danke für die Antwort.
      Nee, das SNR steigt mit der Wurzel aus der Frameanzahl. Habe ich relativ wenige Frames, dann bringt die Erhöhumg der Frameanzahl recht viel. Bei sehr vielen Frames bringt es dann nicht mehr allzu viel.
      Ich habe mirjetzt noch mal das SNR für das 642BP-Bild angeschaut. Es liegt bei etwa 4.
      Auch die Stärke des Hintergrundes für R,G,B,BP642: Das differiert ertaunlicherweise nur zwischen 0,06 und 0,08.
      Die Gradienten unterscheiden sich nach Orientierung allerdings recht stark. Das kombinierte RGB-Bild liefert Hintergründe in allen möglichen Farben.
      Hier ist der MGC-Prozess in PI Gold wert!
      Wegen der Signalstärke muss unbedingt die Extinktion in Abhängigkeit der Wellenlänge betrachtet werden.
      Entsprechende Extinktionskurven habe ich im Netz nicht finden können. Ich habe aber hier ein Modelldiagramm.
      (Quelle: aus einem Praktikumscript der Uni Jena vpn 2002, leider nicht mehr im Netz)



      Berücksichtigt sind die Streuung an Luftmolekülen (Rayleigh-Streuung mit der λ hoch minus 4 - Abhängigkeit) sowie die Streuung an Tröpfchen /Staub mit geringer λ-Abhängigkeit. Schließlich
      noch ein kleiner Buckel aufgrund Ozon.
      Man muss sich im Klaren sein, dass das ein Modell ist. Innsbesondere die Konzentration der größeren Steukörper dürfte real sehr stark schwanken (die "Durchsicht" des Himmels).
      Dies ist alles für eine Standard-Atmosphäre von ca. 8km Höhe genommen uund gibt die Extinktion (und das ist sehr schön) direkt in Magnituden.
      Nehme ich nun die mittlere Durchlasswellenlänge für R,G,B sowie BP642, dann bekomme ich folgende Extinktionen:
      B: 0,25mag; G: 0,20mag; R: 0,14mag; BP642: 0,10mag. Der BP642 öffnet bei 642nm und schließt bei 842nm.
      Jetzt muss noch der tatsächlich Atmosphärenweg (für M4 habe ich die Kulminationshöhe H=10,8º genommen). Die 1/cos(z) Näherung (z-Zenitdistanz) liefert 5,33 Atmosphärenwege.
      Mit den Extinktionkoeffizienten multipliziert erhält man:
      B: 1,33mag; G: 1,07mag; R: 0,75mag; BP642: 0,53mag.
      Interessant ist hier die Differenz B - BP642. Sie beträgt 0,8. Weil eine Magnitudendiffrenz von 0,75 einem Intensitätsverh#ltnis 1/2 entspricht, geht im Blauen bezogen auf BP642 mehr als die
      Hälfte an Licht verloren.
      Ich hatte 15 x 3' in Blau und 20 x 5' in BP642, das ist etwa die doppelte Belichtungszeit.
      Macht also zusammen etwa das vierfache an Signalstärke im BP642.
      Was ich hier nicht berücksichtigt habe ist die Durchlassbreite der Filter und die Quanteneffizienz des Kamerasensors. Ganz grob sind es 100nm für RGB bei QE ca. 0,9 und 200nm für den BP642 bei allerdings
      deutlich geringerer QE, weil die jenseits von 700nm schnell in die Knie geht.
      Tatsächlich gemessen habe ich: SNR(B)=0,73; SNR(BP642)=3,97. Das ist ein Verhältnis von 5,3. Der ganz überwiegende Gewinn liegt in dem viel kräftigeren Signal bei dem BP642.
      Und das ist eine sehr gute Bestätigung für die Betrachtungen oben.

      Das ist jetzt ganz schön lang geworden. Aber solche Betrachtungen der Extinktion im horizontnahen Bereich sind schon recht aufschlussreich für die Belichtungsplanung.

      Viele Grüße

      Micha
      Ich bin Michael
      Mein Beobachtungsplatz ist der Balkon meiner Wohnung in der Hennigsdorfer Innenstadt.
      Der Balkon ist in der vierten (obersten) Etage eines Wohnhauses. Er liegt in fast perfekter Südlage mit sehr guter Horizontsicht.
      Meine besondere Leidenschaft gilt der Fotografie weit südlich stehender Objekte.